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Mit Blaulicht durch den Schnee
Was für eine Freude machte es, durch den, noch unberührten Schnee zu gehen. Die ersten Fußspuren vorsichtig in das Weiß zu drücken, bevor es ein anderer tat, das war herrlich. Es hatte die ganze Nacht geschneit, genauso wie die Wetterfrösche es vorausgesagt hatten. Dabei meinte Opa immer, dass die gar keine Ahnung haben.
»Hey, die haben Ahnung, die haben das studiert», pflegte Oma dann zu sagen und damit hatte sie vermutlich recht. Der Beweis lag hier vor mir, in Form einer weißen Schneedecke. Ich malte ein Herz in den Schnee.
»Das ist für dich, Oma!“, sagte ich und malte gleich noch eines daneben, für Opa. Die würden staunen, wenn sie es erblickten. Seit die beiden Rentner waren, schliefen sie morgens immer ein bisschen länger. Ich war schon immer ein Frühaufsteher und konnte es kaum erwarten, den anderen den Schnee zu zeigen. Mama war schon im Bad, jedenfalls brannte dort Licht. Papa hatte Nachtdienst gehabt. Sicher hatte er den Schnee gesehen, als er von der Arbeit heimkam. Jetzt musste er schlafen und wir alle verhielten uns leise, bis er wieder wach war. Meine große Schwester hatte bei ihrer Freundin übernachtet. Die Mädchen wollten Weihnachtsgeschenke basteln.
Und ich hatte gestern stundenlang an meinen Adventskalendern gemalt, meine Eltern und meine Großeltern sollten nämlich jeweils einen bekommen. Das war viel Arbeit, vierundzwanzig kleine Bilder pro Kalender anzufertigen. Schön sollten sie sein und bunt und fantasievoll. Am Anfang war das noch leicht. Ich hatte mir einfach vorgestellt, wie sich Menschen und Tieren aufmachten, um in Bethlehem dabei zu sein, wenn Jesus geboren würde. Dazu hatte ich mir kleine Geschichten ausgedacht. Gestern hatte ich zwei Krankenwagen-Bilder gemalt, obwohl diese Fahrzeuge eigentlich mit dem Gang nach Bethlehem gar nichts zu tun hatten. Damals gab es noch keine Autos. Aber ich bin so ein großer Fan, will sogar einmal Rettungssanitäter werden, wenn ich groß bin. Deshalb dachte ich mir, dass der Krankenwagen einfach für mich dazu gehört, und das verpacke ich dann folgendermaßen: Auf dem Weg kommt eines der Tiere ins Stolpern und bricht sich ein Bein und das muss dann mit den Krankenwagen ins Hospital gefahren werden, damit das Bein eingegipst werden kann. Kann man doch machen, oder?
Sie werden alle staunen, ganz bestimmt und das ist doch das Wichtigste. Ich selbst war auch schon gespannt, ob ich einen Adventskalender bekommen würde und was es für einer sein wird in diesem Jahr. Aber jetzt sauste ich erstmal durch den Schnee, im Garten immer außen herum, damit ich die schönen Herzen nicht zertrample, dabei rief ich laut: „Tatüüüü, Tataaaa!“ Ihr wisst schon.
© Regina Meier zu Verl