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Schlechte Laune steckt an

„Meinetwegen kann Weihnachten ausfallen!“, sagt Lisa beim Frühstück. Sie zieht schon den ganzen Tag eine Fleppe, heißt, dass die Mundwinkel herunterhängen und kein einziges Lächeln gelingen will.
„Sag mal, was ist denn eigentlich los mit dir heute?“, fragt Papa.
„Nix!“ Lisa will schmollen und Papas Mundwinkel hängen nun auch ein bisschen. Nur für einen Moment, dann überzieht ein breites Strahlen sein Gesicht und mit diesem Strahlen lächelt er Lisa zu.
„Ich will heute fröhlich sein“, sagt er.
„Dann wünsche ich dir gutes Gelingen!“, sagt Lisa. „Vielleicht …“, sie zögert, „…mache ich mit, mal sehen!“
„Wo machst du mit?“ Mama kommt in die Küche und zieht sich am Kaffeeautomaten einen Espresso. Mehr Lust auf Frühstück hat sie nie.
„Beim Fröhlichsein“, murrt Lisa und klingt schon wieder sehr schlecht gelaunt.
„Das ist doch eine wunderbare Idee, da bin ich auch dabei!“ Mama lacht. Sie ist sowieso meist fröhlich, das ist also nichts Neues für sie.
Schön sieht sie aus, wenn sie lacht. So weich und zärtlich. Lisa mag es, wenn Mama lacht. Überhaupt mag sie es, wenn Menschen fröhlich sind. Alle müssten fröhlich sein. Viel schöner wäre die Welt.
Aber leider hat sie da ganz andere Erfahrungen gemacht. Gerade gestern war wieder einer dieser dunklen Tage gewesen. In der Schule hatte es schon angefangen. Die beste Freundin war krank, die Lehrerin hatte wieder einmal schlechte Laune und sogar Felix hatte ein langes Gesicht gezogen, weil sein Fahrrad einen Platten gehabt hatte.
„Ich wünsche mir zu Weihnachten ein neues Rad“, hatte er gesagt und gleich hinzugefügt: „Aber das werde ich nicht bekommen, das weiß ich jetzt schon!“
„Warum weißt du das?“, hatte Lisa nachgefragt. „Es könnte doch sein, dass du eines bekommst!“
„Ich weiß es eben und das verstehst du sowieso nicht. Deine Eltern sind reich!“, hatte Felix ihr an den Kopf geworfen.
Das hatte Lisa nun gar nicht verstanden. Sie wollte doch nur nett sein und ihm etwas Tröstendes sagen. Aber es war halt so ein Tag, an dem nichts gelingen wollte, nicht einmal ein Trost. Sie hatte darauf verzichtet, Felix eine Antwort zu geben und hatte sich allein auf den Heimweg gemacht.
Und seitdem ist sie schlecht gelaunt, oder nein, sie ist traurig, weil sie nicht weiß, wie sie Felix helfen könnte, ohne ihn zu beleidigen. Sie konnte doch nichts dafür, dass seine Eltern nur wenig Geld hatten. Lisa beschließt, am Abend in der Familienrunde das Thema mal anzusprechen. Vielleicht hatte einer eine Idee. Felix findet diese Familienrunden blöd, das hatte er neulich gesagt. Bei ihm gibt es sowas nicht!
Aber was konnten ihre Eltern tun? Felix‘ Eltern Geld leihen? Ja, das wäre eine gute Idee und das sagt sie am Abend auch. Ihre Eltern aber sehen nun nicht mehr fröhlich aus.
„Kind, wo denkst du hin?“, ruft Mama erschrocken. „Meinst du nicht, dass uns Felix‘ Eltern das übelnehmen würden?“
„Und überhaupt“, wirft Papa ein. „Warum glaubst du, dass wir mehr Geld haben als Felix‘ Eltern? Nur, weil wir über Geld nicht reden?“
„Felix hat es gesagt! Stimmt das denn nicht? Haben wir auch wenig Geld?“, fragt Lisa.
„Wenn Felix‘ Fahrrad einen platten Reifen hat, dann wird man das reparieren können, oder etwa nicht?“, meint Alex, Lisas großer Bruder. Er schlägt vor, dass er sich darum kümmern könnte, falls Felix das möchte.
„Gute Idee!“, findet Mama. „Überhaupt können wir ja mal darüber nachdenken, wie wir mit den Dingen, die wir im Alltag brauchen, umgehen.“
Lisa versteht nicht ganz, was sie meint, doch Alex nickt. „Stimmt“, sagt er. „Man kann fast alles reparieren und muss nicht so viel wegwerfen und dann …“
„Dann braucht man weniger Geld und muss weniger einkaufen. Das ist toll!“
„Felix kann sich ja trotzdem ein neues Fahrrad wünschen und wenn es nicht in diesem Jahr klappt, dann vielleicht im nächsten!“, findet Lisa und alle stimmen ihr zu. Ja, so ist das wohl.
Die Familienrunde hatte wieder einmal funktioniert – wenn doch alles so einfach wäre!

© Regina Meier zu Verl

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