Schlagwörter

,

Ein besonderes Jubiläum

Sie waren ein eingeschworenes Team, Anna, Luise und Brigitte. Das war nicht immer so gewesen. Sie hatten sich erst zusammenraufen müssen, drei starke Frauen, die eine Wohngemeinschaft gegründet hatten. Da kam es am Anfang öfter zu Reibereien, das ist klar. Dann aber hatten sie erkannt, dass sie sich wunderbar ergänzten, jede konnte etwas gut, was die beiden anderen nicht konnten. Sie begriffen, dass sie das nutzen sollten und so wuchsen sie zusammen. Ein Team von drei älteren Damen, die ihr Leben meisterten.
„Wir sollten ein Fest feiern“, sagte Brigitte beim Frühstück. Sie feierte gerne.
„Was für ein Fest?“, fragte Anna erschreckt. Sie war es, die nicht gern feierte.
„Du meinst unser Jubiläum am sechsten?“ Luise grinste.
„Ja, dieser Tag verdient ein Fest. Zehn Jahre ‚die gloriosen Drei‘ unter einem Dach. Wie die Zeit doch rast!“
In Brigittes Augen schimmerte so ein verdächtiges Funkeln. Die beiden anderen kannten sie mittlerweile gut genug, um zu erkennen, dass sie etwas im Schilde führte.
„Guck doch mal bitte auf deinem Wischtelefon, ob du einen Kostümverleiher in der Nähe findest!“, bat sie Anna, die die Fachfrau für alles, was mit Technik und Computern zu tun hatte war.
„Gitte, das heißt Smartphone und nein, ich gucke nicht. Nicht jetzt!“ Anna ahnte Schlimmes.
„Du meinst, wir sollen uns verkleiden?“ Luise grinste wieder. Sie war halt die Unsentimentale von ihnen. Jedenfalls nach außen hin. Nichts nahm sie ernst. „Sag bloß nicht, dir schwebt etwas mit dem Nikolauskitsch vor?“
„Nein, Gitte!“ Anna heulte auf. „Tu uns das nicht an! Hörst du?“
Brigitte ignorierte Annas Bemerkung, sie sah schon die drei Nikoläuse vor sich, die sie sein würden und dann würden sie mitten durch die Stadt gehen und das Seniorenheim in der Wasserstraße ansteuern. Das würde ein Spaß werden.
Sie erzählte den beiden anderen, was sie vorhatte, und wartete Annas Entsetzensschreie kurz ab. Luise grinste noch immer.
„Ich nehme mein Akkordeon mit!“, schlug sie vor.
Anna aber schrie nicht. Im Gegenteil. Ihre Wangen röteten sich, ihre Augen begannen zu glänzen.
„Was für eine fabelhafte Idee“, sagte sie. „Das habe ich mir insgeheim schon immer gewünscht.“
„Du?“ Dieses „Du?“ kam aus zwei Mündern gleichzeitig und Anna blickte in zwei erschrockene Gesichter.
„Ja, ich, da staunt ihr, was?“ Anna kostete die Verblüffung der beiden aus, dann erzählte sie: „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als anderen eine Freude zu machen. Da ich aber schüchtern bin, brauch ich dazu ein Kostüm, in dem ich jemand anders sein kann. Früher habe ich mal als Clown in einem Kinderkrankenhaus gejobbt. Ach, das war schön! Damals schon wollte ich immer mal gern ein Nikolaus sein, aber man zog halt Männer vor. Aber jetzt bietet sich die Gelegenheit, ich bin begeistert!“
„Oh! Wie schön!“, sagte Luise, und Brigitte warf ein begeistertes „Fein! Dann machen wir das! Und hinterher feiern wir den Nikolaustag – und unser Jubiläum. Einverstanden?“

© Regina Meier zu Verl & Elke Bräunling